2022 Cham Gemeinschaften, Phnom Penh, Kambodscha

An den Ufern der Halbinsel Chroy Changva im östlichen Teil von Phnom Penh, wo die Flüsse Tonlé Sap und Mekong zusammenfliessen, lebt unter äusserst prekären Umständen eine Gemeinschaft von schätzungsweise 300 Familien in Fischerbooten. Viele der Bootsbewohner:innen gehören zu den Cham[1], einer überwiegend muslimischen Minderheit mit einer eigenen Sprache und Geschichte, die sich von den Khmer unterscheidet. Die Familien, die ihren Lebensunterhalt mit dem Fischfang verdienen, leben bereits seit Generationen auf dem Fluss, seitdem sie in der Zeit des Genozids der Khmer Rouge alles verloren hatten. In einigen Fällen teilen sich bis zu drei Familien mit ihren Kindern ein Fischerboot zum Leben. Mangels Schulbildung gibt es für die jüngeren Mitglieder der Gemeinschaft kaum Beschäftigungsmöglichkeiten, so ergreifen sie jede Gelegenheit als Tagelöhner, um ein Einkommen zu erzielen. 
Immer wieder in ihrer Geschichte wurde die Gemeinschaft von der Stadtverwaltung zum Umsiedeln gezwungen, da die Cham-Boote nicht in das moderne Bild von Phnom Penh passen. Nachdem ihnen das Fischen vor dem Königpalast verboten wurde mussten sie 2012 fünf Kilometer von ihrer Moschee wegziehen. Seither liegen die Boote am derzeitigen Ort, im Schatten des 100 Millionen Dollar teuren Sokha Hotels, wo die Cham ihre Gebete am Ufer verrichten. Der Verkauf ihrer Fische ist hier schwierig geworden, weil sie nun auch nicht mehr leicht zum entfernt liegenden Marktplatz kommen. Zu alledem droht ihnen auch das Wenige noch zu verlieren, das die Gemeinschaft besitzt. Bauunternehmen, allen voran die Sokimex-Gruppe, die Besitzerin des Sokha-Hotels, üben Druck aus, um die Gemeinschaft von dem schmalen Streifen Land zu vertreiben, an dem sie ihre Boote ankern.
Die Fotoreportage ist Teil der Fotoserie VANISHING CAMBODIA, an der Fotograf Steff Gruber seit einigen Jahren arbeitet, und die sich mit gesellschaftlichen Veränderungen in Kambodscha beschäftigt.

[1] Die Cham machen zwischen 1 und 2 Prozent der kamodschanischen Bevölkerung aus. Es gibt zwei Gruppen von Cham, die beide dem Schafi-Zweig des sunnitischen Islam angehören. Die ethnischen Cham sind malaiisch-polynesischer Abstammung. Sie leben überwiegend in Kampong Cham, Kampot und Phnom Penh.

Genre: Reportage
Kamera (digital): Nikon Z9 mit Nikkor-Z Zoom-Objektiv 24-70mm/2.8